Nachhaltiges Wohnen und Arbeiten am Hettenbach 

Auf dem ehemaligen Produktionsgelände der Firma Eberle im Stadtteil Augsburg-Pfersee soll ein urbanes, attraktives und nachhaltiges Wohnquartier mit ergänzenden gewerblichen und sozialen Nutzungen entstehen. Die Herausforderungen bestehen darin, das introvertierte Grundstück in die bestehende Stadtstruktur zu integrieren und in Richtung der umliegenden Quartiere zu öffnen sowie den denkmalgeschützten Bestand mit neuen Nutzungen zu belegen und maßvoll um Neubauten zu ergänzen.
Unser Entwurf „Grüner Rand – Starke Mitte“ begegnet diesen Herausforderungen mit einem robusten Entwicklungskonzept, dass die schrittweise Transformation des Areals aufzeigt und nachhaltiges Wohnen und Arbeiten am Hettenbach ermöglicht.  

Grüner Rand – Starke Mitte 
Unsere konzeptionelle Grundidee basiert auf einem Grünen Rand, der das Quartier saumartig umschließt. Im Norden integriert der Grüne Rand die bestehenden Gehölzstrukturen des Biotops. Im Westen und Süden folgt er dem Uferbereich des Hettenbach-Kanals, der die Grünstrukturen auf der gegenüberliegenden Gewässerseite mit einbezieht und sich zum Quartier hin situativ öffnet. In der Mitte öffnet sich der Grüne Rand zu einer Quartierswiese. Der daran anschließende Quartiersplatz mit der Identität stiftenden ehemaligen Produktionshalle 13 und dem markanten Werks-Schornstein im Herzen der Nachbarschaft ist durch ansprechende Erdgeschossnutzungen Tag und Nacht ein beliebter Treffpunkt. Zum Quartiersplatz gelangen zukünftige NutzerInnen und AnwohnerInnen über ein engmaschiges Fuß- und Radwegenetz – unter anderem über Stege über den Hettenbach – das die umliegenden Nachbarschaften mit dem Quartier verknüpft.   

Bedarfsgerechte Nutzungsmischung – Industriekultur erleben

Dem Umgang mit dem industriellen Erbe kommt besondere Bedeutung zu. Neben dem Musealen Weg entlang des Hettenbach-Kanals, der die Unternehmensgeschichte erlebbar macht, wird der denkmalgeschützte Bestand entlang der Eberlestraße durch kluge Nachnutzung aufgewertet. Vielfältige Raumstrukturen schaffen neue Lebensorte, an denen Arbeiten, Wohnen und soziale Angebote eng miteinander verwoben sind. Durch kluge Nachnutzung werten wir die denkmalgeschützten Industrie- und Verwaltungsbauten auf und ergänzen sie um kompakte Strukturen, die nahezu ausschließlich dem Wohnen dienen. Deren Lage am Ufer des Hettenbach-Kanals ermöglicht ein hohes Maß an Wohn- und Lebensqualität. In den Baukörpern sind unterschiedliche Typologien vorgesehen, die unabhängig von Einkommen und Lebensphase Raum bieten für alle BewohnerInnen. Dritte Orte dienen dem sozialen Austausch und der Aneignung. 

Aktive Freiräume – für Mensch und Klima
Zukunftsorientierte Stadtentwicklung soll Mensch und Natur dienen und in Einklang miteinander bringen. Neben Fragen zum Umgang mit dem Klimawandel und rückläufiger Artenvielfalt steht die Qualität von Begegnungs- und Erholungsräumen im Vordergrund. Der Entwurf erreicht diese Qualität mit multikodierten Freiräumen, die Begegnungsorte zwischen dem Quartier und den umliegenden Wohn- und Gewerbegebieten ausbilden. Darüber hinaus entwickelt der Entwurf ein robustes Netz an Grünräumen, die das Quartier durchziehen. Differenzierte Grünverbindungen wie der Museale Weg, Rigolen, Retentionsflächen, Gartenterrassen und durchgrünte Dachflächen bieten ein breites Angebot für Mensch und Natur und stärken die Identität des Ortes.  

Das Quartier als Schwamm – klug gekühlt und auf Starkwettereignisse vorbereitet

Die über das Quartier verteilten Freiflächen sorgen für einen geringeren Versiegelungsgrad und eine effiziente blaugrüne Infrastruktur – ein wichtiger Baustein klimagerechter Stadtentwicklung. Durch den Umgang mit anfallendem Regenwasser auf dem Areal wird der Abfluss in die Kanalisation signifikant reduziert, die Kühlung des Quartiers unterstützt und die Bewässerung der Vegetation gefördert.  

Das Konzept des Regenwassermanagements: Begrünte Dächer halten den Niederschlag für bestimmte Zeit zurück und reduzieren bei Sonneneinstrahlung die Temperatur der Gebäudehülle. Grünflächen, Mulden und Retentionsflächen ermöglichen die Rückhaltung und Verdunstung des Regenwassers im öffentlichen Raum. Darüber hinaus ist die Nutzung von Grauwasser innerhalb und außerhalb des Gebäudes wie beispielsweise für die Bewässerung des öffentlichen Grüns vorgesehen.  

Ökologisch, ökonomisch und sozial – und auch noch zirkulär 

Nachhaltigkeit ist eines der Hauptmerkmale des Entwurfs. Das städtebauliche Konzept gibt klare Baukörper vor, die dank modularer Bauweise problemlos auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren und mit unterschiedlichen Konfigurationen belegt werden können. Der Lebenszyklusgedanke des zirkulären Bauens prägt die gesamte Planung und Ausführung des neuen Stadtquartiers. Schon bei der Auswahl der Materialien werden neben dem biobasierten Rohstoff Holz konsequent Recyclingbaustoffe eingesetzt. Dem Konzept des Urban Minings folgend werden die Materialien aus den abgebrochenen Bestandsbauen – entweder in den neuen Baukörpern oder als Freiraumelemente – wiederverwendet.  

Konstruktion und Gebäudetechnik sind von Beginn an auf Demontage und Wiederverwertbarkeit ausgelegt. So können nach der Nutzungszeit des Gebäudes alle Materialien einfach getrennt und entweder erneut verwendet oder hochwertig recycelt werden. Module und wiederverwendbare Bauteile erleichtern den Rückbau. Mechanische Lüftungs- und Kühlungssysteme senken zudem den Energiebedarf der Gebäude drastisch. Für alle Baukörper sind Photovoltaikanlagen und begrünte Dächer vorgeschrieben.  

 

Realistische Entwicklungsschritte – Bestand umnutzen   

Das Phasenkonzept respektiert die historisch gewachsenen Strukturen und berücksichtigt sich ändernde Anforderungen an den Ort. Besonderes Augenmerk gilt der Nachnutzung des denkmalgeschützten Bestands und dem Bau der Tiefgarage, um den Stellplatzbedarf im Quartier zu decken. In der zweiten Entwicklungsphase werden die Kindertagesstätten entstehen, um den Standort für Familien frühzeitig attraktiv zu gestalten. Parallel erhalten Gebäude 1 und 7 neue Nutzungen. Im nächsten Bauabschnitt werden die baulichen Strukturen südlich der Quartiersmitte und die umgenutzte Halle 13 das Herz des Quartiers ausbilden. In der letzten Bauphase werden vier Wohngebäude in attraktiver Uferlage die Transformation des Eberleareals sichtbar unterstreichen.   

 

Gut angebunden – kurze Wege für alle

Auf dem Weg zur Mobilitätswende ist ein attraktiver Anschluss an den Umweltverbund unerlässlich. Ein engmaschiges Fuß- und Radwegenetz verbindet das Quartier mit der Innenstadt, den Einrichtungen des täglichen Bedarfs und den umliegenden Naherholungsgebieten. Der Parkierungsverkehr wird nach der Zufahrt von der Eberlestraße in eine unterirdische Stellplatzanlage geführt. Ein Großteil der Radabstellflächen befinden sich in den Tiefgeschossen der Gebäude 2 und 3 sowie an dezentralen Orten.  

Um eine zusätzliche Verkehrsbelastung im Quartier vermieden, kann der Hol- und Bringverkehr der beiden Kindertagesstätten am nördlichen Gebietsrand über die Zweibrückenstraße abgewickelt werden. Eine Durchfahrt für den PKW-Verkehr ist nicht vorgesehen. Öffentliche Bewegungsräume hingegen können durchgängig von Müll-, Sonder- und Rettungsfahrzeugen befahren werden. Im Gebäude 3 ist ein Logistik- und KEP-Zentren vorgesehen, dass einen Großteil der Warenströme entgegennimmt. In der Folge übernehmen emissionsfreie Transportmittel kleinere Waren und Produkte und beliefern deren EmpfängerInnen. 

 

Projektinformation

Name: LIA – Living in Augsburg

Art: 1. Preis Städtebaulicher und landschaftsplanerischer Wettbewerb

Ort: Augsburg

Jahr: 2024

Kooperation: Bäuerle Landschaftsarchitektur

Team:  Hriday Bharaj, Alina Gold, Ellen Henriques, Philipp Maué, Jesús Antonio Martínez Zárate, Jana Melber, Lisa Steinmayer, Maximilian Stengele

Visualisierung: moka-studio