Auf der Metaebene wollten wir einen Bezug zur islamischen Kultur herstellen. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, die Form des Rahle aufzunehmen, der kreuzförmigen Buchstütze für den Koran. Durch die Analogie zum Rahle haben sich zwei Gebäudeflügel ergeben, die sich um eine offene Mitte herum terrassieren. Der eine Flügel nimmt dabei die östliche Literatur auf, der andere Flügel die westliche. Beide Flügel wurden über Brücken verbunden, um auch räumlich eine Verbindung zwischen der westlichen und östlichen Kultur zu schaffen. Durch die schräg ansteigenden Flügel hat sich ein Luftraum ergeben, der die Lesesäle mit ausreichend Tageslicht versorgt. Insgesamt hat das Gebäude eine Grundfläche von 50.000 Quadratmetern.

Ein weiteres wesentliches Gestaltungsmerkmal ist der Sockel des Gebäudes. Er besteht aus zwei geneigten, halbkreisförmigen Bauteilen, die sich zueinander neigen. Hier sind die allgemeinen Funktionen untergebracht, wie zum Beispiel das Foyer, Verwaltung und Veranstaltung. An den nördlichen Teil des Sockels schließt sich ein großer Bibliotheksgarten mit schattenspendenden Bäumen und Palmen sowie Sitzmöglichkeiten an. Der große Saal wiederum schiebt sich als eigenständiger Baukörper aus dem Sockel heraus. Um ein homogenes Erscheinungsbild von Sockelzone und den oberen beiden Flügeln zu erreichen, wurde die gesamte Fassadenverkleidung in einer Materialität ausgeführt, einem hellen Naturstein.

Insofern als in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein extrem heißes und trockenes Klima herrscht, haben Nachhaltigkeit und Klimaanpassung im Entwurf und auch in der Planung eine große Rolle gespielt. Die Herausforderung bestand darin, dass das Gebäude mit ausreichend Tageslicht versorgt wird, dabei aber nicht zu viel Energieeintragung zulässt. Der außenliegende Sonnenschutz ist daher von besonderer Bedeutung. So konnten wir durch die überkragende Fassade einen natürlichen Sonnenschutz ermöglichen. Die helle Natursteinfassade wiederum trägt dazu bei, dass Sonnenlicht reflektiert und dadurch eine Überhitzung des Gebäudes verhindert wird. Der Fensterflächenanteil ist moderat gehalten.

Transparenzhinweis: Den internationalen Realisierungswettbewerb haben wir im Jahr 2005 gewonnen. In den beiden darauffolgenden Jahren haben wir in einem interdisziplinären Team mit der Firma Obermayer (München), die die Haustechnik, das Tragwerk, die Freianlagen und die Verkehrsplanung übernommen haben, den Entwurf ausgearbeitet. 2022 wurde das Gebäude schließlich fertiggestellt. Für die Umsetzung vor Ort zeichnete die ACG Group/Architects verantwortlich.