Transfer – Von Montan zu Energie

Der Energiecampus Dortmund steht ganz im Zeichen des Strukturwandels im Ruhrgebiet. Angrenzend an die stillgelegte Kokerei Hansa und das Gelände der Landesgartenschau 2027 entsteht auf rund 6,5 Hektar ein innovativer Campus für Forschung und Entwicklung von zukunftsorientierten Energieformen und Technologien. Nachdem wir den nichtoffenen, städtebaulichen Realisierungswettbewerb 2022 für uns entscheiden konnten, entwickelten wir in Kooperation mit Treibhaus Landschaftsarchitektur, Stete Verkehrsplanung und Drees & Sommer Energieplanung den anschließenden Rahmenplan, der nun veröffentlicht wurde.

Im Wesentlichen soll der Campus zwei Funktionen erfüllen. Es soll ein innovativer und lebendiger Campus für Forschung und Entwicklung entstehen, der zugleich als Best-Practice-Beispiel für eine nachhaltige Bauweise mit höchsten ökologischen Anforderungen und treibhausgasneutralem Betrieb dient. Hierin besteht die besondere Herausforderung des Vorhabens. Aufgrund des hohen Technologie- und Innovationsniveaus ist bei der Realisierung und späteren Nutzung von einem hohen Energieverbrauch auszugehen. Auf dem Weg zum Best-Practice-Beispiel berücksichtigt der Rahmenplan das von der Stadt Dortmund definierte Leitbild eines treibhausgasneutralen Campus zur Forschung an nachhaltigen Energiekonzepten.

Die bauliche Struktur fügt sich in den städtebaulichen Kontext des Stadtteils Huckarde ein und setzt die historisch gewachsenen Setzungen der Kokerei Hansa fort. Die Baukörper bilden eine eigene, starke Grundform aus. Die an der Quartiersmitte gelegene Zäsur antizipiert potentielle Entwicklungsmöglichkeiten östlich der Emscherallee und schafft bauliche Voraussetzungen für eine städtebauliche Verknüpfung zu diesen Flächen.

Das städtebauliche Gerüst orientiert sich an der das Ortsbild prägenden Linearität der Kokerei Hansa. Geradlinig gesetzte Baukörper flankieren eine zentrale Werkstraße mit lebendigem Nebeneinander von Arbeitsflächen, innovativer Mobilität und performativem Freiraum. Zur Werkstraße hin weisen die Gebäude eine höhere Geschossigkeiten auf und unterstreichen den Charakter eines lebendigen, städtischen Rückgrats. Westlich der Werkstraße schirmen robuste Strukturen das Quartier gegen Lärmemissionen aus Richtung Emscherallee ab. Östlich erlauben breitere Fugen großzügige Platzsituationen, Anknüpfungspunkte in den Kokereipark und Blickbeziehungen zur Kokerei.

Das Transferzentrum bildet als Herzstück des Areals. Konzipiert als eine Mischung aus Multifunktionshalle, Innovationstürmen, Produktion- und Forschungsflächen, Showkorridor und Freiraumdeck vereint es dank flexibler Gebäudestrukturen und erlebbarer Freiräume die hohen Ansprüche an den Campus. So gelingt es, optimale Arbeitsumgebungen für die rund 2.000 Beschäftigten aus Forschung und Entwicklung zu ermöglichen und eine attraktive Stadtergänzung für die Nachbarschaften auszubilden.

Eine behutsame Erweiterung der Bebauungsstruktur am südlichen Ende des Plangebiets schafft neben programmatischen Synergien auch stadträumlich den Bezug zur Kokerei Hansa. Im Zusammenspiel mit dem Hochpunkt und dem Mobilitätszentrum rahmen die Baukörper den neuen südlichen Quartierseingang und gewährleisten eine attraktive Adressbildung. Den nördlichen Abschluss findet der Campus in einem weiteren Hochpunkt und einer einladenden Platzsituation, die die Anschlüsse zur Wolkenskulptur im benachbarten Kokereipark und dem Nahverkehrsmuseum herstellen.

Der Entwurf entwickelt ein robustes Netz an Grünräumen, das sich als blaugrüne Infrastruktur durch den Campus zieht und diesen mit dem Landschaftspark verbindet. Die Freiraumstruktur wird durch die linear nord-südlich verlaufende Werkstraße in Verbindung mit den jeweils angrenzenden thematischen Plätzen im östlichen Teil gebildet. Die öffentlich nutzbaren Flächen im Freiraum sind multicodiert konzipiert und können somit optimal genutzt werden. Die jeweiligen Funktionen werden stets mit Klimaanpassungsmaßnahmen kombiniert. Der reduzierte Verkehrsraum dient nicht nur als übergeordnete Verbindung, sondern auch der Mobilitätsorganisation und der blau-grünen Infrastruktur. Die Aufenthaltsqualitäten sollen sich primär durch die fünf unterschiedlich konzipierten öffentlichen Plätze ergebenen.

Durch die Verzahnung aus verschiedenen Umweltaspekten an und auf den Gebäuden erhält der Energiecampus ein ausgereiftes Freiraum- und Klimakonzept. Neben einer Fassaden-und Dachbegrünung in Kombination mit Energiegewinnung und einem integrierten Regenwassermanagement der privaten und öffentlichen Flächen umfasst dies auch eine ortsspezifisch angepasste Vegetation durch die Setzung von Bauminseln, Baumreihen, Sträuchern und Staudenbeeten.

Wichtiger Bestandteil des Rahmenplans ist ein innovatives Mobilitätskonzept. Vielfältige Mobilitätsangebote sorgen dafür, dass Menschen, die hier arbeiten oder das Quartier besuchen, den Campus nicht nur gut mit dem Auto, sondern auch attraktiv mit dem ÖPNV sowie zu Fuß und mit dem Fahrrad erreichen. So soll die im Quartier erzeugte Kfz-Verkehrsbelastung auf ein Minimum reduzieren werden.

Projektinformation

Name: Energiecampus Dortmund

Wettbewerb 2022: 1. Preis beim nichtoffenen städtebaulichen Realisierungswettbewerb „Dortmund | Energiecampus. Ein Zukunftslabor für die Energiewende“

Entwicklung Rahmenplan

Auftraggeber: Stadt Dortmund

Fertigstellung: 2023

Planungspartner: Treibhaus Landschaftsarchitektur, StetePlanung, Drees & Sommer Energieplanung

Projektteam: Hriday Bharaj, Philipp Maué (Projektleitung), Jesús Martínez Zárate

Visualisierung: moka-studio