Blickfang über dem Rheintal
Die spektakuläre Sicht ins Rheintal vom Plateau des steil aufragenden Loreleyfelsen lockt das ganze Jahr über zahlreiche BesucherInnen an. Nur wenige hundert Meter von der Aussichtsplattform entfernt liegt die 1939 erbaute Freilichtbühne Loreley. Unsere PlanerInnen haben das in die Jahre gekommene, denkmalgeschützte Areal sensibel erneuert und für die Bühne eine neue Zeltdachkonstruktion entwickelt, die heutige Anforderungen an moderne Konzerttechnik erfüllt, den Blick auf den Rhein nicht verstellt und sich behutsam in die Topographie des Geländes einfügt.
Schrittweise Neugestaltung
Da die Zeltdachkonstruktion der Bühne aus den 1970er-Jahren merklich in die Jahre gekommen war, wurde ein VgV-Verfahren zum Umbau und zur Modernisierung des gesamten Geländes ausgelobt, für das wir als Generalplaner den Zuschlag erhielten. Ziel der Neugestaltung war es, die Freilichtbühne technisch und funktional zu ertüchtigen, um zukünftig Veranstaltungen mit bis zu 15.000 Besuchern möglich zu machen. Dabei durften auf Grund des UNESCO-Welterbestatus und des Denkmalschutzes die Eingriffe in die Topographie und die vorhandene Bausubstanz nur minimal ausfallen. Sämtliche Maßnahmen mussten mit dem Landesdenkmalamt abgestimmt und mehr als 30 Träger öffentlicher Belange beteiligt und gehört werden. Gefordert war außerdem, das Projekt bei laufendem Konzertbetrieb umzusetzen, sodass nur außerhalb der Konzertsaison von Oktober bis Ende Mai in mehreren Bauabschnitten gebaut werden konnte.
Die Bühnenkonstruktion
Im Mittelpunkt der ersten Umbauphase stand der Neubau der Bühnenüberdachung. Nach Rückbau der maroden und zu kleinen Bestandskonstruktion, spannt sich heute das neue Membrandach über die komplette Bühnenfläche, den hinteren Bühnenumgang und teilweise über den Orchestergraben.
Drei Stahlbögen bilden eine elegant-filigrane Konstruktion, ein muschelförmiges Gerüst, über das sich eine helle Membranhaut spannt. Zwei der Bögen kreuzen sich im vorderen Bühnenbereich, ein dritter Bogen spannt die Konstruktion nach hinten ab. So wird die vorgeschriebene maximale Höhe von 15 Metern ab Oberkante Bühnenboden eingehalten. Bemerkenswert ist, dass die neue Überdachung, obwohl – oder gerade weil – sie sich nahezu selbstverständlich in den Verlauf der Topographie einfügt, einen besonders hohen, individuellen Wiedererkennungswert besitzt.
Materialität und weitere Bausteine
Ziel war es, das Gelände der Freilichtbühne wieder als zusammenhängenden Bereich erlebbar zu machen. Deshalb beschränkten sich die PlanerInnen im Einsatz der verwendeten Materialien auf zwei Werkstoffe, die sowohl farblich als auch in ihrer rauen Haptik der umgebenden Landschaft entsprechen. Bei den baulichen Maßnahmen kam Holz als Konstruktions- und Fassadenmaterial zum Einsatz, sämtliche Eingriffe in die Freibereiche sind aus Cortenstahl, von den Treppenanlagen über die Ebenen für Rollstuhlfahrer bis hin zur Beleuchtung. Lediglich die Bühnenüberdachung bleibt mit ihrer Membrankonstruktion als Sonderbaustein deutlich erkennbar.
Alle Nebengebäude sind in einfacher Bauweise geplant worden. Entsprechend ist das neue Eingangsgebäude als Holzkonstruktion mit Brettsperrholzwänden auf einer Stahlbetonbodenplatte ausgeführt. Die Fassadenverkleidung besteht aus einer vertikalen Holzlattung mit vorvergrautem Anstrich. Gezielt platzierte Cortenstahlelemente wie die Treppe ins Obergeschoss, nehmen die Materialität der Freiraumgestaltung auf.
Besonders erwähnenswert ist der umfassende und bis ins Detail durchdachte barrierefreie Ausbau des Geländes. Separate Zugänge, Fluchtwege und zwei Plattformen mit optimaler Bühnensicht wurden errichtet, sodass für bis zu 50 Rollstuhlfahrer inklusive Begleitperson ausreichend Platz zur Verfügung steht. Beide Plattformen sind über Rampenanlagen erreichbar und als Stahlbetonkonstruktion mit einer Verkleidung aus Cortenstahlplatten ausgeführt. Mit respektvollem Abstand und angepasster Farbigkeit sowie Materialität fügen sich nun Nebengebäude und Freianlagen in den Bestand ein. Mit ihrem hohen Wiedererkennungswert könnte die neue Bühnenüberdachung zu einem neuen Wahrzeichen des Loreleyfelsens werden.
Projektinformation
Name: Freilichtbühne Loreley
Wettbewerb 2011: 1. Preis VgV-Verfahren
Projektart: Erneuerung des denkmalgeschützten Areals Freilichtbühne Loreley sowie Entwicklung einer neuen Zeltdachkonstruktion
Ort: Bornich
Bauherr: Stadt St. Goarshausen
Fertigstellung: 2017, 1. Bauabschnitt
Kooperation: MSIng GmbH Matthaei Schotte Ingenieure, Stuttgart/DE (Tragwerk) / Pfrommer und Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA, Stuttgart/DE (Freianlagen) / Schneider Metallbau, Kastellaun/DE (Metallbau) / Ingenieurbüro Wörtz (Elektroplanung)
Projektteam: Angelika Babucke (Projektleitung), Sabrina Bauer, Yussuf Kaptanoglu (Projektleitung), Suna Konyalıoğlu, Laura Palamattam
Bilder: Achim Birnbaum / Luftaufnahme: Thomas Frey