„Neuer Stadtraum B14“

Erster Preis: Internationaler städtebaulicher Wettbewerb „Neuer Stadtraum B14“ in Stuttgart in Zusammenarbeit mit Koeber Landschaftsarchitekten/ Stuttgart, StetePlanung/ Darmstadt.

Transformation von einem monofunktionalen Verkehrsbauwerk in einen vielfältigen Lebensraum – das ist der Leitgedanke unseres Siegerentwurfs. Entstehen soll ein maximal durchgrünter Stadtraum, der die Bedürfnisse und Sehnsüchte der hier lebenden Menschen erfüllt. Es geht um die Aneignung und Rückeroberung von innerstädtischen Orten und Lebensräumen. Um Orte, die verbinden, soziale Strukturen und Interaktionen im öffentlichen Raum wieder ermöglichen. Die verkehrliche Umverteilung oder technische Zukunftsvisionen stehen dabei nicht im Vordergrund.

Unser Entwurf nutzt vorhandene Qualitäten, repariert Schwachstellen und unterteilt das Gebiet in Sequenzen. Über die Forderungen der Auslobung hinausgehend, widmen wir uns nicht nur der Neuordnung der Straße, sondern richten das Augenmerk auf die gesamte Innenstadt. Ortstypische Situationen und Begebenheiten analysieren wir, decken alte, verschüttete Beziehungen wieder auf, schaffen neue Verbindungen und reparieren Wunden, die die Geschichte hinterlassen hat – und das stets mit Eingriffen, die den Menschen als Maßstab haben. So entsteht ein lebendiges, lebenswertes städtisches Geflecht, das Raum für zahlreiche Funktionen und Nutzungen bietet.

Aufgetaucht! – Die Rückeroberung einer Stadtautobahn
Die Bundesstraße B14 durchschneidet das städtische Gefüge der Landeshauptstadt Stuttgart in Abschnitten mit bis zu zehn Fahrspuren. Aufgabe war es, die trennende Verkehrsschneise auf einer Länge von ungefähr fünf Kilometern zu überplanen und den begonnenen Paradigmenwechsel – weg von der autogerechten, hin zur menschengerechten Stadt – weiter umzusetzen. Die Rahmenbedingung bildete die Annahme, dass sich das motorisierte Verkehrsaufkommen zukünftig um 50% reduzieren wird.

Neue Orte und Lebensräume
Der Verkehr, der heute in vielen Abschnitten des Wettbewerbsbereichs unterirdisch durch Tunnelbauwerke geführt wird, wird konsequent nach oben geholt. Zusätzlich wird die Straßenbreite auf zwei bis maximal vier Fahrspuren reduziert und dadurch Platz für FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen geschaffen. An neuralgischen Stellen stärken Querungsmöglichkeiten das städtische Beziehungsgeflecht. Besonderer Benefit: Die freiwerdenden Flächen bieten vielfältige Aneignungsmöglichkeiten für die Stadtgesellschaft – für Wohnen, Arbeiten, Kultur, Sport oder andere Freizeitaktivitäten.

Die Straße wird als eine Abfolge unterschiedlicher Bewegungs- und Platzräume gelesen und nicht als lineare Achse. Je nach Lage, Bedeutung sowie Geschichte werden einzelne Bereiche neu definiert und mit Funktionen und Aktivitäten belegt. Ausgehend von diesen „Stadtzimmern im öffentlichen Raum“ wird die Straße mit ihrer Umgebung verzahnt, alte und neue Wegebeziehungen werden herausgearbeitet und gestärkt.

Transformation statt Negation
Die Verkehrsbauwerke der autogerechten Stadt stehen für einen Teil der städtischen Geschichte. Ein Totalabriss käme der Negation eines bedeutenden Teils der jüngeren Historie gleich. So bleiben Abfahrten und Tunnelbereiche weitgehend erhalten. Im Bereich U-Bahnhaltestelle Charlottenplatz und an der Paulinenbrücke werden diese zu vielfältig nutzbaren, urbanen Orten transformiert. An anderen Stellen werden die stillgelegten Verkehrsräume zu Mobilitäts- und Logistikhubs umgenutzt.

Verlängerung der Kulturmeile
Im Bereich der Altstadt werden die historischen Blockstrukturen aufgenommen und neu interpretiert, Straßen- und Platzränder wiederhergestellt. Die neu errichteten Blöcke im Bereich der Esslinger Straße nehmen mit dem Haus der Kulturen, dem neuen Lindenmuseum und dem Filmhaus wichtige Kultureinrichtungen auf. Die Kulturmeile wird bis zur Leonhardskirche/Gustav-Siegle-Haus erweitert. Durch die enge Verknüpfung mit dem Bereich um den Marktplatz kann sich das nun vergrößerte Quartier zu einem neuen lebendigen Zentrum entwickeln.

Stadtökologie
Die Aufenthaltsqualität städtischer Räume ist eng verknüpft mit ihrer ökologischen und klimatischen Qualität. Freiwerdende Flächen werden weitgehend unversiegelt ausgeführt und stadtklimatisch wirksame Baumarten gepflanzt. Die Bäume stehen nicht wie üblich in Baumscheiben, sondern in breiten Grünstreifen, die zur Förderung der Biodiversität artenreich angesät und angepflanzt werden. Ein ausgeklügeltes System zur Regenwasserbewirtschaftung sorgt dafür, dass das Oberflächenwasser über diese Grünstreifen in den Untergrund gelangt und dort pflanzenverfügbar wird. In Summe dienen all diese Maßnahmen dem Starkregenschutz, der Vermeidung von Hitzeinseln und erhöhen die ökologische Vielfalt.

Projektinformation

Name: Internationaler Wettbewerb „Neuer Stadtraum B14“

Wettbewerb 2020: 1. Preis Internationaler städtebaulicher Ideenwettbewerb „Neuer Stadtraum B14“

Ort: Stuttgart

Auftraggeber: Landeshauptstadt Stuttgart

Fertigstellung: offen

Planungspartner: Koeber Landschaftsarchitektur, StetePlanung

Projektteam: Jana Melber, Elif Kälberer und Christiana Weiß

Fotos / Visualisierungen: asp Architekten / Koeber Landschaftsarchitektur